Montag, 27. Mai 2013

I hate Mondays!

Montagmorgen, 7:15. Schon von weitem höre ich das klapprige Geräusch des Schulbusses und sehe nur wenige Sekunden später die abblätternde Fassade des Gefährts, das mich nun in die Schule bringen soll. Schule, urgh. Leise schnaubend und fast noch im Halbschlaf steige ich die wenigen Stufen in den Bus ein, in dem mich bekannte Gesichter genauso übermüdet anschauen und begrüßen. Doch keinem von uns ist an einem Montagmorgen danach, ein angeregtes Gespräch zu führen, deswegen lässt sich jeder wieder in seinen Sitz zurücksinken, sobald die Türen geschlossen sind und der Motor startet. Auch ich setze mich auf einen der freien Plätze, ziehe die Beine an und verfluche schon jetzt die Entscheidung, vor einer Stunde aufgestanden zu sein. Immerhin ist es fast Juni und das Termometer zeigt kaum 5° an! Von Motivation kann kaum die Rede sein und sowieso würde ich jetzt viel lieber in meinem gemütlichen Bett liegen. Abwesend öffne ich den Reißverschluss meiner Schultasche und greife, wie jeden Morgen, fast schon automatisch nach meinen Kopfhörern, um zwanzig Minuten abzudriften und nicht an Schule zu denken. Doch egal wie lange ich auch suche und grabe, meine Kopfhörer fehlen. Während ich innerlich schon begonnen habe, zu fluchen, fällt mir ein, dass meine Kopfhörer noch irgendwo in oder neben meinem Bett liegen müssen. Na toll! Mir bleibt nun also nicht anderes übrig, als mich an die kalte Fensterscheibe zu lehnen und dem Geräusch des Motors und den leisen Gesprächen im Bus zu lauschen. Wie es wohl ist, mit den gelben amerikanischen Bussen zu fahren? Natürlich lenken sich meine Gedanken auf dieses eine Thema, worauf an sonst? Ich kann schließlich kaum an etwas anderes denken. Und da ich nun noch eine Weile nur auf Bäume und befahrene Straßen blicken kann, schadet es ja nicht, ein wenig tagzuträumen. Halb mit Angst und halb mit Aufregung stelle ich mir meine High School vor, die Gull Lake High School, und die davor stehenden gelben Schulbusse, die alle darauf warten, Freshmen, Juniors, Sophomores und Seniors in ihre Vororte zu fahren. Und ich bin einer von ihnen. Ich stelle mir vor, wie ich in einer Masse von englisch-sprechenden Teenagern versuche, in den richtigen Bus einzusteigen. Und wenn ich den richtigen Bus dann gefunden habe..sitze ich vielleicht schon neben Freunden? Oder neben Alexis, meiner Gastschwester? Oder sitze ich auch nach Wochen noch alleine im Bus, weil ich immer noch nicht in der Lage war, Kontakte zu knüpfen? Und während ich gerade völlig in Gedanken vertieft bin, kommt der Bus ruckartig zum Halten. Ich verdrehe die Augen und schlurfe aus dem Bus. Die eben noch so aufregenden Gedanken und die damit verbundene Stimmung ist verflogen, denn vor mir liegt das Schulgebäude und die kalte Luft verpasst mir Gänsehaut an Nacken und Armen. Der Tag beginnt entspannt und ich habe schon fast vergessen, dass dieser Tag so schlecht angefangen hatte, doch als es zur 4. Stunde klingelt und ich den Raum betrete, ist jeglicher Optimismus verflogen. Physik. Es ist nur eine Schulstunde, doch selbst 45 Minuten sind schon zu lang. Ich versuche, meinem Lehrer zu folgen, wie er von kinetischer Energie und Geschwindigkeit redet, doch so richtig kann ich mich nicht konzentrieren. Immer wieder schleichen sich ganz andere Gedanken in meinen Kopf. Wie wohl der Untericht in den USA ist? In Gedanken verwandelt sich der Klassenraum. In der obersten Ecke hängt plötzlich eine Flagge der USA, ich sitze an einem Einzeltisch und die Stimmung ist vollkommen anders. Viel entspannter und der Lehrer an der Tafel macht ganz und gar nicht den Eindruck, als würde er mich gleich bloßstellen wollen und von mir verlangen, eine Formel aufzustellen. Alle reden Englisch und ich kann mitreden! Ich unterhalte mich sogar mit Mitschülern..und jetzt, wo es geklingelt hat, gehe ich zu meinem Locker und..Moment. Keine Flagge, keine Locker. Ich befinde mich wieder in der Realität. Ich habe Physik tatsächlich überstanden, jedoch war ich mit den Gedanken ganz woanders. Und als ich gerade denke, der Tag kann nur noch besser werden, fällt mir wieder ein, dass ich nun eine 3-stündige Lateinklausur vor mir habe. Yay! Noch auf dem Weg dorthin kreisen meine Gedanken um Amerika. Natürlich nur für mich. Ich verbiete es mir mittlerweile, über die USA oder meinen Auslandsaufenthalt zu schwärmen, wenn nicht gerade andere Austauschschüler dabei sind. Da ich mir damit sowieso keine Freunde mache, kann ich die Gedanken auch gleich für mich behalten. Immer noch müde sitze ich wenige Minuten und ein Käsebrot - mann, Brot werde ich wirklich vermissen! - später, auf meinem Platz und überfliege noch ein mal Stilmittel und Philosophien, bevor mein Lieblingslehrer den Raum betritt und die Klausur austeilt. In den letzten Jahren war ich immer gut in Latein, hatte nie große Probleme mit Klausuren, doch dieses Mal befinden sich auf meinem Blatt zusammenhangslose lateinische Begriffe, die ich beim Besten Willen nicht zu einem Satz formen kann. Ohne wirklich zu wissen, was Seneca da von mir will, versuche ich mein Bestes, doch ich weiß schon nach ein paar Zeilen, dass das die schlechteste Lateinklausur seit langem ist. Ich quäle mich durch den Text, bin vollkommen frustriert und hofffe, mit dem Interpretationsteil noch ein paar Punkte holen zu können. Das Wort "USA" rufe ich mir nur ab und zu ins Gedächtnis, in der Hoffnung, mich dadurch etwas zu motivieren, doch da das nur mäßig funktioniert, schiebe ich das Wort wieder beiseite und schlage die nächste Vokabel nach. Da ich auch zwei Stunden später noch keine Stilmittel entdeckt habe, schreibe ich die letzten zwei Aufgaben so lang wie möglich. Ich wiederhole mich und beschreibe alles doppelt und dreifach. Es soll ja nicht ganz peinlich werden. Nachdem alle abgegeben haben, erfahre ich zum Glück, dass ich nicht die einzige war, die diesen Text nicht verstanden hat. Aber ich habe es geschafft und somit sind nun alle Nebenfächer und ein Hauptfach geschrieben, 3 to go. Nach einer Stunde Analyse des Prometheus von Goethe ist der Schultag dann auch endlich vorbei und überraschenderweise bin ich froh, im Bus zu sitzen. Auf der Heimfahrt würde ich gerne schlafen, doch ich warte bis zu Hause. Lieber drifte ich noch etwas ab..meine Gedanken sind nicht mehr so klar, wie am Morgen, doch das ist nicht schlimm. Allein schon Stichworte oder Filmszenen aus Filmen über amerikanische High Schools reichen schon aus, um mich aufzumuntern. Meine Mundwinkel heben sich. Noch 85 Tage.


Das war jetzt mal etwas komplett anderes, aber irgendwie war mir gerade danach, einen solchen Text zu schreiben. Ich dachte mir, dass gibt nochmal einen guten Einblick auf alles, anstatt alles immer nur so sachlich zu beschreiben. Über Feedback freue ich mich dieses Mal ganz besonders und vielleicht mache ich das dann ja öfter. :)

P.S: Ein paar Dinge sind in dem Text vielleicht etwas dramatisiert. Ich will nicht, dass ihr denkt, ich wäre ein desinteressierter und unmotivierter Schüler. Nein. Es war heute einfach nicht mein Tag ;)

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